Zwischen Sein und Schein

Zeichnungen von Anton Kirchmair in einer EW-Ausstellung in Passau


Schachtelhalme assoziiert man spontan, wenn man auf Zeichnungen von Anton Kirchmair schaut, die derzeit im Ausstellungsraum von Horst Stauber in Passau zu sehen sind. Denn in schwarzen, senkrecht nebeneinander stehenden, breiten Bändern heben sich parallele Linien hervor wie die Riefen von Schachtelhalmen. Außerdem sind die Linienbänder in gleichmäßigen Abständen quer unterbrochen, so wie Schachtelhalme in Sprossstücke gegliedert sind, was der Pflanze ihren Namen gab.

Gewachsen und leicht wirken diese offenbar mit Kohle gezeichneten Stelen, zerbrechlich wie hohle Pflanzenhalme. Tatsächlich zeigen sie Bruchstellen. Vielmehr zeigen die Zeichnungen Spuren wie von kleinen Explosionen, die das gerade Aufstreben der Linienbänder verwarfen und kleine Wolken von Kohlestaub auf dem Papier hinterlassen haben. Diese Verstaubungen mögen eine Fährte legen, aber preisgeben tun sie nicht, dass das, was sich am Papier so zart und fein abzeichnet, Ergebnis eines mühsamen Schaffensprozesses und nachdrücklichen Materialeinsatzes ist.

Die Kohle, mit der Anton Kirchmair gezeichnet hat, hat er in langwierigen Versuchsreihen aus Buchenholz selbst gebrannt. Zwei Zentimeter starke, vierkantige Kohlestäbe, die er vorrangig zu fragilen Skulpturen verarbeitet, hat er  mit hochkonzentriertem Kraftaufwand über das Papier gezogen, dabei immer wieder abgesetzt, nach plötzlichem Brechen weitergeführt. In dem automatisch entstandenen, parallelen Linienmuster zeichnen sich die erhaltenen Wachstumslinien des Holzes ab.

Letztlich fokussieren sich auf einem solchen Zeichenblatt, auf dem man drei Schachtelhalme zu sehen glaubt, ganze Wirkungskreise des 68-jährigen Künstlers. Handwerkliche Akribie, systematische Untersuchungen zu bildnerischen Mitteln und die Suche nach Leichtigkeit gehören zu diesen Kreisen. In ihren Brennpunkten, den Zeichnungen, entsteht ein vom Entstehungsprozess  losgelöster, neuer Kosmos.

Neben den Zeichnungen aus der Serie „Kohlebrüche“ sind in der für die Europäischen Wochen entstandenen Ausstellung auch Bleistiftzeichnungen, Fotografien von Papierobjekten und zwei Skulpturen aus Holzkohle zu sehen. Schwerpunkt bilden jedoch die Zeichnungen. Ihnen ist auch der Ausstellungstitel „zwischen nicht und schon“ gewidmet: Kirchmairs Ausdruck für den Augenblick, „in dem aus einem Stück Papier eine Zeichnung wird“.Gabriele Blachnik

Bis 5. August im Zentrum unabhängiger Ausstellungen, Steinweg 2, geöffnet Mo bis Fr 11–12 und 17–19 Uhr, Mi zusätzlich ab 20 Uhr                                        PNP 28. Juli 2011

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