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Raum, Komposition und Struktur


Anmerkungen zu einer Rauminstallation von Anton Kirchmair im Landshuter Kunstkreis


Der Raum spielt bei der Präsentation aktueller Kunst eine immer wesentlich werdende Rolle. Während in den siebziger und frühen achziger Jahren praktisch jede Architektur, vornehmlichjedoch die pure Zweckarchitektur ausgedienter Fabrik- oder Lagerhallen das Ambiente zur Inszenierung von Malerei, Skulptur und Objektkunst bilden konnte werden heute verstärkt direkte inhaltliche oder formaleBezüge zwischen Kunstwerk und umgebenden Raum gesucht. Der Begriff der "Rauminstallation", eine Gattungs-, keineswegs eine Stilbezeichnung, steht für diesen Trend. Viele Künstler versuchen nun mit ihrem jeweiligen Ausstellungsraum direkt zu arbeiten, dessen architektonische Besonderheiten in das eignen Werk miteinzubeziehen, manchmal sogar das Werk direkt "vor Ort" entstehen zu lassen. Das Ergebnis ist somit weniger eine Ausstellung von Kunst im jeweiligen Raum, wie es z.B. im Konzept von "Skulptur im Raum" oder im Enviroment der Pop Art noch der Fall gewesen ist, als vielmehr eine Präsentation des Raumes selbst. Wie in der Kirchen- oder Palastausstattung von Renaissance und Barock entstehen "ganzheitliche" Gebilde mit jeweils individueller Struktur.


Eine derartige Rauminstallation ist zur Zeit in der Galerie des Landshuter Kunstkreises zu sehen. Der in Untergangkofen bei Landshut llebende Künstler Anton Kirchmair hat mehr als einen Monat lang in den zwei Etagen der Galerie eine Ausstellung aufgebaut, die sich unmittelbar mit den architektonischen Gegebenheiten der beiden Räume und der Fassade des Gebäudes auseinandersetzt. Ausgangspunkt waren dabei die Fenster, die gleichsam natürliche Verbindung von Innen und Außen; ihre bereits serielle Reihung sowie ihr annähernd quadratisches Format bestimmen nun Ordnung udn Komposition der bildnerischen Elemente im Raum wie an der Fassade. Die Fenster selbst sind verschlossen, durchdrungen von waagrecht in den Raum ragenden Kästen, die Anton Kirchmair aus unbearbeiteten Holzbrettern gezimmert hat. Ein zweites Element bilden die Stützen, die die Kästen innerhalb des Raumes tragen; sie sind ebenfalls aus Holz gefertigt, nachträglich aber weiß bemalt worden und treten so gleichsam "neutrale" Elemente - ähnlich den ebenfalls weißen Wänden des Raumes - optisch und funktional in den Hintergrund.

Die so beschriebene Ausgangssituation führt in den zwei Etagen der Kunstkreisgaklerie zu zwei unterschiedllichen Weiterbildungen im Arrengement der Elemente im Raum Der untere Teil der Präsentation trägt somit eher spielerischen Charaklter, obwohl er ursprünglich sehr streng konzipiert worden ist. Einige eigenartige Auflagen seitens des Bauamtes der Stadt Landshut haben Kirchmair dazu gezwungen, das erste Konzept aufzugeben undstattdessen eine alternative Komposition der Elemente im Raum zu gestalten. Eine zuerst geplante sternge Reigung von weiteren auf wei&szlgi;e Stützen gestellten Kästen löste sich daher in recht lockerer Gliederung und Komposition von unbearbeiteten Holzkästen und weißen Stützen auf und zeigt sich nun in gleichsam fragmenbtierter Streuung. Hier sind im Laufe der Ausstellung durchaus immer wueder Veränderungfen zu erwarten, da diese Streuiung - im Gegensatz zur seriellen strengen Reihung - sehr weitgehende spiuelerische Eingriffe in die Struktur der Installation erlaubt.



In der zweiten Etage wurde eine strenge Komposition des Raumes beibehalten. Dieser Bereich der Ausstellung, der nun allerdings aufgrund der bereits erwähnten Auflagen nicht betretebn werden darf und nur von einer Schranke aus betrachtet werden kann, führt im Element der Holzkästen das bildnerische Prinzip derAbschrägung ein. Die Kästen, die durch die Fensteröffnungen waagrecht in den Raum ragen, besitzen keinen geraden Abschluß wie inder unteren Etage; sie sind vielmehr abgeschrägt und erhalten damit eine eigeneMöglichkeit von Dynamik im einzelnen Element.Die Kästen, die diesen Elementen im Raum entsprechen, nehmen ihrerseits das Motiv der abgeschrägten Form auf, variieren es aber durch die Drehung um die eigene ASchse. Zwischn denKästen vor den Fenstern und den


Auch die Gestalt der Fassade konnte nicht nach dem ursprünglichen Konzept verwirklicht werden. Eine zuerst geplante einfache, in der emblematische Reihung, die ganz einfach die Abschlüsse der Holzkästen im Rahmen der Fensteröffnungen gezeigt hätte, wurde zur Eröffnung der Ausstellung ebenfalls in spielerischer Weise aufgelockert, so daß ein teilweises Vorspringen und Zurücktreten der Kastenelemente gezeigt worden ist. Möglicherweise treten die Kästen während der Laufzeit der Präsentation noch ganz hinter die Fassade zurück, so daß - zumindest in der Außenansicht dder Installation - kein Durchdringen der Öffnungen mehr stattfindet.


Die Rauminstallation von Anton Kirchmair führt in den beiden Etagen und an der Fassade der Galerie des Kunstkreises eine dreifache Variation eines bildnerischen Konzepts vor. Ausgehend vo der >Durchdringung der Fensteröffnungen durch Holzkästen, also durch ein seinem Wesen nach "minimalistisches" Element, entstehen in der jeweiligen Komposition der formalen Elemente im Raum bzw. an der Fassade drei ebenso vereinzelte wie aufeinander bezogene Strukturen einer "ganzheitlichen" Gestalt. Für den Betrachter eröffnen sich dadurch sehr unterschiedlicheMöglichkeiten der Auseinandersetzung in der Rezeption, im gedanklichen Nachvollzug der Komposition, in der direkten Wirkung der Begehbarkeit de5 benachbarten Teile der Installation. Eine inhaltlich motivierte Botschaft freilich vermitteklt diese Arbeit nicht; sie bewegt sich vielmehr auf der Ebene der formalen Produktion und Rezption, ohne daß didaktischeZwecke verfolgt werden. Die Strukturen der Fassade und der Räume der Kunstkreisgalerie aber werden nun auch in ihrer Funktion als Architektur in einer Weise sichtbar, wie sie soinst kaum Beachtung gefunden haben.


Die Rauminstallation von Anton Kirchmair ist noch bis zum 25. September in Landshut inder Galerie des Kunstkreises im Apothekergäßchen zu sehen. Geöffnet ist von Dienstag bisFreitag von 15 bis 18 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr.


Helmut Kronthaler, Landshuter Zeitung