Das Rathaus im Grenzort Haidmühle wurde vor rund
100 Jahren als Zollhaus errichtet. Damals bestand eine
Bahnlinie zwischen Waldkirchen und Haidmühle, die
eine durchgängige Bahnverbindung von Passau ins
Böhmische ermöglichte, mit Anschlüssen nach
Winterberg, Prachatitz und Krummau.
In den 1930er Jahren wurde am Bahnhof
Haidmühle Holz und Torf umgeschlagen.
Viel Publikumsverkehr muss wohl im Haidmühler
Zollhaus geherrscht haben, sonst hätte man es nicht
so stattlich gebaut. Ein steiles Walmdach markiert
das Gebäude im Stil der ausgehenden Gründerzeit.
Frisch renoviert präsentiert sich das heutige
Rathaus samt Touristeninformation. Innen zeigen
sich die Wände, die originalen Parkettböden, Geländer und Türstöcke in neuem Glanz. Das großzügige, lichte Stiegenhaus mit seiner breiten Holztreppe ist nun
auch zum Kunstraum geworden.
Auf Anregung von Bürgermeister Heinz Scheibenzuber
hat Anton Kirchmair hier eine Ausstellung installiert.
Damit präsentiert sich der renommierte Künstler
erstmals in der Gemeinde, in der er seit
über 20 Jahren lebt.
Zur Vernissage hielt ihm ein befreundeter Passauer
die Laudatio, der seine Wurzeln in Haidmühle hat:
Scharfrichterhaus-Mitbegründer Walter Landshuter.
Kirchmair versteht es mit viel Gefühl,
seine Werke mit dem Ausstellungsraum korrespondieren zu lassen.
Mit ausgewählten Grafiken
und wenigen Leichtholzobjekten hat
der 78-jährige Künstler das Stiegenhaus
und die Flure im ersten Stockwerk bespielt.
Zur Finissage wird er das Stiegenhaus übrigens
auch mit musikalischer und tänzerischer Kunst
bespielen lassen.
Den Besucher der Ausstellung
empfängt eine harmonische Atmosphäre,
die aus materiellen Entsprechungen wie dem
dezenten Schwarzweiß der grafischen Werke und
dem Naturholz der Rahmen und Skulpturen entsteht.
Gleichzeitig herrscht ein sich vornehm zurückhaltender, jedoch immenser Gegensatz zwischen dem gediegenem Haus und der Feinheit in Kirchmairs Kunst.
Pablo Picasso soll einmal gesagt haben:
„Es gibt Maler, die die Sonne in einen gelben
Fleck verwandeln. Es gibt aber andere, die dank
ihrer Kunst und Intelligenz einen gelben Fleck
in die Sonne verwandeln können.“ Zu diesen
anderen gehört Anton Kirchmair.
So lässt sich beispielsweise
der Haidmühler Hausberg in der
Ausstellung entdecken. Doch zeigt sich
der Dreisessel nicht als Abbild ausladender
bewaldeter Höhen oder wuchtiger Felstürme,
sondern in kleinen bis winzigen, aus Kaltnadel-radierungen gerissenen Papierteilen, deren Umrisse
an Fels- oder Waldkulissen erinnern und deren geritzte
Strukturen Gesteinsformationen asoziieren.
Mit ausgefuchsten Techniken und
eigenwilligem Werkzeugeinsatz geht der
Künstler auf Erkundungsreisen zwischen
Sichtbarem und Unsichtbarem, das
uns alle umgibt.
In den Augen des Betrachters kann
die Reise individuell weitergehen.
Gabriele Blachnik
vielen dank an die pnP und gabi blachnik
kunst im stiegenhaus – bayerwaldgemeinde haidmühle zeigt ausstellung von anton kirchmair